Steinzeit in Lindenthal

Dieses Foto sieht nicht nur nach Sommer aus, sondern zeigt auch ein Fundstück aus dem Grüngürtel, in der Nähe des Stüttgenhofs und der KVB-Linie 7. Das Fundstück verbirgt sich allerdings unter der Erde, denn es ist eine steinzeitliche Ausgrabung. Zu sehen ist heute nicht mehr viel davon, nur ein Findling mit einer Metallplatte erinnert an der Weggabelung daran.

Eine großangelegte Ausgrabung

Ende der 1920er Jahre plante die Stadt Köln unter ihrem Oberbürgermeister Konrad Adenauer, einen Botanischen Garten im Äußeren Grüngürtel anzulegen. Hierfür verlegten Bauarbeiter den Frechener Bach bei der Bahnlinie von Frechen nach Köln. Dabei stießen sie auf die Überreste einer bandkeramischen Siedlung. Der Botanische Garten an der Stelle wurde ad acta gelegt und eine umfangreiche Ausgrabung nahm ihren Anfang. Sie dauerte von 1929 bis 1934, das Geld kam unter anderem von der Stadt Köln.

Die Ausgrabung gilt bis heute als vorbildlich, was angesichts ihres Alters sehr beeindruckend ist. Forscher aus verschiedenen Disziplinen kamen zusammen, untersuchten Pollen, Tierknochen sowie Skelettmaterial, fertigten aber statische Gutachten und Luftbildaufnahmen an und entnahmen Bodenproben. Die Grabungsdokumentation befindet sich im Römisch-Germanischen Museum.

Vor allem ein Forscher tat sich mit dem bandkeramischen Dorf bei Lindenthal wissenschaftlich hervor: Werner Buttler (1907 bis 1940). Er leitete die Grabung in von 1932 bis 1934. Buttler war überzeugter Nationalsozialist und unternahm in den 1930er Jahren auch deutlich ideologisch geprägte Ausgrabungen. Deshalb ist es umso überraschender, dass das Lindenthaler Projekt bis heute als wissenschaftlich sauber und vorbildlich gilt.

Steinzeit im Kölner Westen

Und wer lebte nun im 6. Jahrtausend vor der Zeitenwende im Grüngürtel? Wie viele Menschen gleichzeitig die Gegend besiedelten, ist schwer zu sagen. Klar ist, dass die Siedlung etwa 400 Jahre lang bewohnt war. Die Häuser waren aus Holz, bis zu 35 Meter lang und etwa zehn Meter breit. Die Siedlung erstreckte sich von der Bahntrasse Richtung Dürener Straße. Ihre Bewohner waren Ackerbauer und Viehzüchter. Die sesshafte Lebensweise, verbunden mit Vorratshaltung, hatte etwa 6000 v. Chr. Einzug gehalten im heutigen Rheinland.

Bei der Ausgrabung sind Werkzeuge und Keramikstücke zu Tage getreten. Die Keramik hat der Kultur aus der Jungsteinzeit den Namen Bandkeramik gegeben. Und so hat man auch in Lindenthal keramische Gefäße mit Bandmustern, gepunkteten und geraden Linien, gefunden.

Das verborgene Fundstück im Grüngürtel erzählt uns gleich zwei Geschichten: eine, die mehrere Tausend Jahre alt, als die Menschen im Rheinland sesshaft wurden, und eine über die frühe Archäologie als Wissenschaft im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Es lohnt sich also, auch auf vergrabene Fundstücke zu achten!

Zum Weiterlesen:

Hier zeigen die Museen der Stadt Köln Keramikgefäße aus Lindenthal als Bild der Woche: https://museenkoeln.de/portal/bild-der-woche.aspx?bdw=2017_13

Infos zu Werner Buttler finden sich hier: https://sempub.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum_vitae/de/wisski/navigate/25323/view

Simon Matzerath, Jonathan Schoenenberg und Marion Euskirchen, Das bandkeramische „Dorf“ von Lindenthal. Eine Pionierfundstelle der archäologischen Siedlungsforschung, in: Revolution Jungsteinzeit, Darmstadt 2016, S. 298-303.

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